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Und plötzlich dreht er den Spieß einfach um: Nachdem ´der Ritter in glänzender Rüstung´(?), aka Alisher Usmanov, im Mai noch versucht hatte, die Anteile am Club des zweitunbeliebtesten Amerikaners in Großbritannien für 1.3 Milliarden Dollar zu übernehmen, scheint ebendieser Amerikaner daran interessiert zu sein, die Aktien des Russen zu kaufen. Nichts könnte schlimmer sein als das, denn Usmanov ist Arsenalfan und würde, wäre er Besitzer des Clubs, investieren und uns an die Spitze Europas führen, während Kroenke als purer Geschäftsmann keinen Finger für das Wohlergehen seines – wie er es nennen würde – Franchises rührt. Oder?

Es gibt viel, das gegen Kroenke spricht. Meist ist das Erste, was man hört, die Mittelmäßigkeit seiner Teams in den USA, die auf der anderen Seite des Ozeans fast schon legendär ist. Daraus kann man schließen, dass er an sportlichem Erfolg kein Interesse hat, solange seine Investition regelmäßig Geld einbringt. Bei Arsenal war das eine Beratungsgebühr in Höhe von drei Millionen Pfund an seine Firma KSE, die er 2 x zugewiesen bekam, bis Druck von Seiten der Fans dem ein Ende bereitet hat. Worin genau diese Beratung bestand, für die eine Gebühr verlangt wurde, war nie ganz klar und selbst Ivan Gazidis hat sie eher halbherzig verteidigt. Dazu kommen die negative Bewertung der vergangenen drei Sommertransferfenster und der Verlust der Champions League und das Bild des geizigen Eigentümers ist komplett. Wenn da ein selbsterklärter Arsenalfan mit einem beachtlichen Vermögen daherkommt und genug Kritik am umstrittenen Manager und der Führung des Clubs übt, kann man die Zuneigung der Fans durchaus verstehen.

Wenn wir aber an dem einen Credo festhalten wollen, das vor allem während der kargen Jahre zwischen 2005 und 2014 immer wieder bemüht wurde, „Form Is Temporary, Class Is Permanent“, dann sollten wir einen genaueren Blick auf Alisher Usmanov werfen. Denn, wie sein enger Freund Roman Abramovic, hat er sein Vermögen in der chaotischen Zeit um die Auflösung der Sowjetunion in den 90ern gemacht und, wie Abramovic, ist er ein enger Vertrauter Vladimir Putins. Usmanov war Anfang der 80er Jahre sechs Jahre lang wegen Erpressung in Haft. Seine Zeitung „Kommersant“ war in einen Skandal involviert, der damit zu tun hatte, dass Usmanov den Herausgeber nach einem kritischen Artikel über Putin und seine Partei feuerte und daraufhin heftig von Journalisten kritisiert wurde. Außerdem drohten seine Anwälte Internetseiten und Bloggern, die eine überaus heftige Anschuldigung des ehemaligen britischen Botschafters in Usbekistan, Craig Murray, verbreiteten oder auch nur darauf verwiesen, mit Klagen. Er ist also nicht unbedingt ein angenehmer Zeitgenosse und jede seiner Investitionen als Eigentümer wäre kritisch zu betrachten, wenn wir wirklich darauf beharren wollen, dass Arsenal ein würdevoller Klub ist.

Wir können uns über Kroenke auslassen, wie wir wollen: Die wahrscheinlichste Alternative ist nicht unbedingt besser. Was dabei auch nicht vergessen werden darf, ist, dass wir seit Kroenkes Übernahme des Clubs 2011 keineswegs in einer Abwärtsspirale gefangen sind. Im Gegenteil: Drei FA-Cups in vier Jahren und Vizemeister in der Saison 2015/2016 kann sich durchaus sehen lassen. Die Frustration besteht eher darin, dass wir anscheinend keinen Ehrgeiz zeigen, die Champions League oder Premier League zu gewinnen. Begründet wird das mit fehlender Investition in den Club. Während dieses Argument durchaus seine Berechtigung hat (immerhin haben wir im Sommer lächerlicherweise einen Gewinn eingefahren), möchte ich an dieser Stelle auf die Akademie verweisen. Wenn Kroenke wirklich kein Interesse an einer langfristigen Wettbewerbsfähigkeit mit den größten Vereinen Europas hätte, hätte er die Sanierung der Akademie in Hale End sicherlich nicht gebilligt. Denn Mittelmäßigkeit lässt sich durchaus halten, ohne eine der weltbesten Ausbildungsstätten für Fußballer zu bauen. Die Talente in Hale End werden nicht nur im Fußball ausgebildet. Jeder, der einen Vertrag erhält, soll seine GCSEs (also die Mittlere Reife) bestehen und tut dies, laut dem Verein, im Durchschnitt besser als von seiner Schule erwartet. Arsenal ist durchaus bewusst, dass die meisten der jungen Spieler keine Profifußballer werden und misst der akademischen Ausbildung ebenso viel Bedeutung wie der fußballerischen bei. All dies spricht für die Klasse, die Arsenal zeigt und ausmacht, und wäre absolut nicht notwendig für einen Eigentümer, der ausschließlich daran interessiert ist, mit nur der nötigsten Investition des Vereins so viel Geld aus selbigem zu ziehen wie möglich. Abgesehen davon ist es nicht ungewöhnlich, dass Eigentümer kein Eigenkapital in ihren Verein stecken. Der Anstieg in Scheichs, Ölmagnaten und ganzen Staaten, die Fußballclubs kaufen, täuscht darüber hinweg, dass der Eigentümer traditionell zuallererst Verwalter und nicht Investor ist. Dass Geld allein keinen Erfolg bringt, kann man außerdem an Manchester United sehen, die, trotz im Transfermarkt ausgegebener Unsummen, weniger Erfolg als wir seit dem Ruhestand von Sir Alex Ferguson hatten.

Natürlich wäre es mir lieber, wenn Kroenke mehr Enthusiasmus zeigen würde und wenigstens ein bisschen Geld in den Verein investieren würde, wenn Arséne Wenger nicht jede einzelne Entscheidung ohne Hilfe und Kontrollinstanz treffen würde und wenn wir in einem Transferfenster endlich mal alle unserer Probleme beheben würden und nicht nur zwei Drittel. Aber dafür möchte ich nicht in Kauf nehmen, sagen zu müssen, dass der Eigentümer meines Vereins die Pressefreiheit in seinem Land einschränkt, über halbseidene Wege an sein Vermögen gelangt ist und Vladimir Putin unterstützt.

Jojo Waack

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Kann man den Kader von Arsenal eigentlich auch so umstellen/rotieren, dass man ohne Transfers im Januar auskommt? Eine Frage, die ich mir schon lange stelle, da ich seit geraumer Zeit versuche, hinter die Denke von Arsene Wenger zu steigen. Ich weiß, ihr werdet sagen: „Was ein Quatsch! Wir benötigen in jedem Fall Verstärkung in der Defensive und im defensiven Mittelfeld.“ Und ich bin an dieser Stelle ganz bei euch. Doch lasst uns doch einmal den Versuch unternehmen, wie Arsene Wenger zu denken und schauen, ob es uns gelingt hinter die verwirrenden Gedankenspiele eines Transferfensters des Franzosen zu schauen. Nur ein Experiment – ich weiß. Aber ein spannendes.

Der erste Gedanke, der mich dabei seit dem Sommer getrieben hat ist der, warum man Vermaelen nicht ersetzt hat. Es geht mir nicht um die Qualität des Ersatzes sondern schlicht um die Anzahl der verfügbaren Spieler auf dieser Position. Man könnte auf die Idee kommen, dass Chambers dieser Ersatz gewesen wäre. Doch dies scheint mir weit gefehlt, da er ja wohl eher, zumindest zu Beginn der Saison, die Position von Sagna übernommen hat. Sicher war das bedingt durch die Verletzung von Debuchy. Aber auch an diesem Beispiel sieht man erneut, dass wir nur die entstehende Lücke der Abgaben durch Neuverpflichtungen stopfen. Also muss es doch einen anderen Hintergedanken geben oder? Was ist mit Jugendspielern? Immer ein großes Thema bei Arsenal. Entweder verpflichtet man keinen namhaften Spieler, weil es die Entwicklung hemmen könnte oder man entscheidet sich dann schlussendlich doch für ein Leihgeschäft, weil die Erwartungen an das junge Talent zu hoch waren. Sicher hat Bellerin eine gute Entwicklung genommen in den letzten Wochen. Aber dies ist nur ein Resultat von aufgezwungener Notwendigkeit bedingt durch Verletzungen. So richtig gelangt man mithin nicht zu einem befriedigenden Ergebnis, was die Wenger Transfer Strategie angeht, außer man betitelt sie als „ersetzen was gegangen ist“.

Gleiches Thema beim leidigen DM. Es ist nicht gerade so, dass wir diese Problematik in dieser Saison neu erfunden hätten. Im Gegenteil: sie existiert bereits seit Jahren. Der erste Fix war Arteta, dessen Leistung in allen Ehren, durch sein Alter nicht mehr für die Belastung einer ganzen Saison, wenn überhaupt einer halben, ausgelegt ist. Was ist mit Flamini? Ein klassischer Billigeinkauf von Wenger ohne die Notwendigkeit, groß darüber nachzudenken, weil man den Spieler ja bereits unter Vertrag hatte. Er liebt sowas. Eine Ergänzung sicher, eine Verstärkung – respektive erste Wahl: nein. Nun fängt es an zu klicken beim Boss. Wie lösen/kommunizieren wir dieses Thema? Nicht schwer. Man holt einen Spieler, den man über die letzten Jahre wohl so ungefähr überall hin ausgeliehen hat, schnell aus der aktuellen Leihe zurück und gibt ihm die Chance sich zu beweisen. Man selbst weiß, dass er sich reinhauen wird und dies ist ihm hoch anzurechnen. Man stellt ihm in Interviews – die langfristige Planung mit ihm unterschwellig in Aussicht – obwohl man genau weiß, dass man ihn, bei gutem Angebot, im zurückliegenden Sommer eigentlich abgegeben hätte. Genau dies verhindert dann auch, dass man sich der Verlockung, einen Weltklasse DM zu kaufen, hingibt bzw. gibt es einem die argumentativen Waffen gegen alle Mahner und Zweifler. Frei nach dem Motto: „Seht her – ich habe doch reagiert“. Um jedoch nicht völlig inaktiv dazustehen klammert man sich an einen Transfer eines 17 Jährigen Talents, der zufällig diese Postion, wie auch die vakante Position des Innenverteidiger spielen kann, von dem sein bisheriger Trainer jedoch sagt, dass er für die Premier League noch nicht reif ist. Eigentlich ein genialer Schachzug, wenn der Junge nicht erst 17 wäre. Natürlich weiß ich auch, dass dies eine Verpflichtung mit Perspektive ist und man den Blick auf die Zukunft nicht verstellen sollte. Es passt nur so gut in das wirre Gedankenspiel des Arsene Wenger und seiner Transferplanung.

Am Ende dieses Beitrages muss ich leider feststellen, dass mir das Experiment, in das Transfergehirn von Arsene Wenger einzudringen nicht gelungen ist. Rational kann man es nicht erklären. Man kann einzelnen Transfers erklären. Die Gesamtschau bleibt einem jedoch verschlossen. Er ist und ein bleibt ein Buch mit sieben Siegeln und ich hoffe, dass der Boss persönlich am Ende seiner Trainerkarriere eine Autobiographie veröffentlicht, aus der so einiges klarer wird. Vielleicht öffnet es sich das Buch aber auch noch im Verlauf des Monats ein wenig mehr und man kann einen flüchtigen Blick erhaschen…

Cheers

Chris


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