Was zu erwarten war – die Lehrstunde
Von Stefan Holzapfel
5:1 für die Bauern? Muss man nicht machen, kann man aber. Es bewahrheitete sich, was einige schon als ungutes Gefühl vor dem Spiel hatten. Wäre auch zu schön gewesen, die Bauern zweimal innerhalb von 2 Wochen zu ärgern. Aber spätestens nach dem 0:0 der Bauern in Frankfurt war klar, dass mal wieder eine gute Mannschaft eine Lehrstunde erwartet. So wie es so vielen zuvor schon ergangen ist, egal ob Wolfsburg, Dortmund, dem AS Rom oder auch dem FC Barcelona. Und das machen die Bauern, weil sie es halt können.
Die Ausgangssituation war schon bescheiden. Ospina, Bellerin, Koscielny, Wilshere, Ramsey, Arteta, Rosicky, The Ox, Walcott, Welbeck – was fast wie eine “Starting XI” klingt, ist mal wieder die Verletztenliste. Stattdessen spielen Debuchy und Campbell, denen die fehlende Spielpraxis anzumerken ist und auf der Bank sitzen Macey, Chambers, Iwobi und Reine-Adelaide. Die Bauern dagegen in Bestbesetzung mit Robben und Vidal auf der Bank.
Wenn du dann nach 10 Minuten in Rückstand gehst, ist das Spiel schon fast gegessen. Debuchy und Gabriel erhalten eine Lehrstunde, Campbell und später Chambers könnten mal wieder ein paar Minuten mehr Spielzeit benötigen. Die Art und Weise, wie das Endergebnis zustande kam, zeigt jedoch auch eine Schwäche auf, die uns schon seit Jahren verfolgt. Die fehlende Kampfkraft. Wenn man merkt, dass man mit spielerischen Mitteln nicht zum Ziel kommt, dann muss der unbändige Wille auch mal den Weg ebnen. Und das passiert bei Arsenal einfach zu selten. Zu viele Schönspieler, zu wenige Kämpfer.
Ob allein dies gegen die Bauern gereicht hätte, ist zu bezweifeln, hat uns aber auch schon in vielen anderen Spielen gegen die Stokes und West Hams dieser Welt das Genick gebrochen. Die Vermutung liegt nahe, dass sich das unter Arsene Wenger nicht mehr ändern wird. Und das ist genau der Grund, warum es gegen Vereine wie Bauern oder Barcelona nicht reicht und nie reichen wird und deshalb regelmäßig spätestens im Achtelfinale Schluss ist. Allein spielerisch sind diese Mannschaften kaum zu schlagen, sondern nur mittels einer Mischung aus spielerischer Klasse und unbändigem Willen. Der fehlte und rechtfertigt somit das Ergebnis.
Nun startet bei vielen die Rechnerei, was dieses Jahr noch drin ist in der Champions League. 2 Siege gegen Zagreb und in Piräus (mit 2 Toren Unterschied, was uns ja bisher in Piräus zum Glück immer gelungen ist) und zusätzlich auf die Gnade der Bauern gegen Piräus hoffen. Und schon ist man dabei im Achtelfinale. Soviel zur Theorie. In der Praxis stellt sich die Frage: Macht das Sinn? Nur um als Gruppenzweiter wieder einen Topgegner zu bekommen und sich obligatorisch im Achtelfinale zu verabschieden? Die größte Katastrophe wäre aus meiner Sicht ein Gang in die Loser-League. Immer schön am Spursday verausgaben, um dann am Sonntag in der EPL zu versemmeln.
Mein Lösungsvorschlag?
Noch zweimal das Youth-Team in der CL ranlassen, sich mit einem respektablen 4. Platz aus Europa verabschieden und auf die EPL konzentrieren. Garantiert keinen Meistertitel, macht ihn aber aufgrund fehlender Doppelbelastung wahrscheinlicher. Zumal es wie die letzten 2 Jahre auch dieses Jahr nie wieder so einfach wird, Meister zu werden. Die einzige Konkurrenz dieses Jahr ist Man City. Außer die wilde Zausel-Bande aus dem Vorort von Everton bekommt jetzt einen Höhenflug.
Apropos Spursday. Sonntag steht das North London Derby an. Zeit, um die Leistung vom Mittwoch grade zu rücken. Wird nicht einfacher mit der Verletztenliste, aber zum Glück durften sich auch die Nachbarn am Donnerstagabend noch eine Runde quälen. Wir spielen zu Hause, die Spurs sind nicht die Bauern und jeder sollte wissen, worum es in diesem Spiel geht. Zeit, den Zauberstab wegzupacken und die Sense rauszuholen.
Ach eins noch zum Schluss: Ein Stück weit kann man die Bauern ob ihrer sportlichen Leistungen beneiden. Es ist auch überragend wie man No-Names wie Douglas Costa oder Kingley Coman für relativ überschaubares Geld verpflichtet, die dann mal kurz einen Vidal oder Robben auf die Bank schicken. Das nötigt selbst mir als Bayern-Hasser Respekt ab. Aber eins ging die letzten Jahre nicht, ging am Mittwoch nicht und wird in Zukunft auch nicht gehen: dieses versnobte, erfolgsverwöhnte, arrogante Theaterpublikum auf den Rängen der Arroganz-Arena. Ich behaupte ja nicht, dass im Emirates ständig die Hölle los ist, aber diese teils minutenlange Stille auf den Rängen (inklusive Schickeria) beim Stand von 4:0…ich find‘s erbärmlich. Die „Super-Bauern“ und „Europa-Pokalsieger“ stehen in München auf dem Platz und nur auf dem Platz, die Champions-League auf den Rängen findet in Dortmund, Schalke, auf St. Pauli oder in Dresden statt.
Feiner Beitrag, danke. Was ich nicht teile:
– Dass dem Team der Kampfgeist fehlen wuerde. Sehe ich nicht so, was allerdings am Mittwoch fehlte, war Selbstvertrauen. Und die Schnelligkeit von Bellerin, Walcott, Ox, die unsere Taktik im Hinspiel maßgeblich bestimmt hat.
– Dass man auf Platz 4 ausscheiden und sich auf die PL konzentrieren sollte. Klingt plausibel, duerfte aber wirtschaftlich unvernünftig sein.